Politik

Unprätentiös und traditionell

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Sie war US-First-Lady und Präsidenten-Mutter. Am Dienstag ist Barbara Bush verstorben. Ihr Leben lässt sich nicht nur auf traditionelle Rollenbilder reduzieren.

Die ehemalige US-First-Lady Barbara Bush freute sich im Jahr 2000 über Jubelrufe aus der Menge.

Ehefrau, Mutter, Großmutter, der gute Geist der Dynastie, die Seele der großen Familie: Das lange Leben von Barbara Bush lässt sich zweifellos auf traditionelle Rollenbilder reduzieren, garniert mit ihrer Beliebtheit im Volk, ihrer Bodenständigkeit, ihrem ehrenamtlichen, unermüdlichen Einsatz für Lese- und Bildungsprogramme. All das ist richtig, und doch brodelte etwas in ihr, ließ sie nicht zur Ruhe kommen.

Da war der Schicksalsschlag, als ihre dreijährige Tochter Robin an Leukämie starb. Da war die Enge der vielen Klischees, denen sie glaubte, entsprechen zu müssen. Da war das durch den Feminismus in ihr geweckte Gefühl, nicht vollwertig zu sein. So jedenfalls drückte sie es selbst 1989 in einer Pressekonferenz aus, als sie über die mutmaßlichen Gründe einer Depression sprach, unter der sie 1976 gelitten hatte.

In der Öffentlichkeit aber stand sie ihre Frau. Man könne nicht ein halbes Leben lang mit einem Mann verheiratet sein, ohne Einfluss auf ihn zu haben, sagte Barbara Bush einmal. „Wer das als Frau nicht hat, steckt in tiefen Schwierigkeiten.“ Im Januar erst hatte sie mit ihrem Mann, dem ehemaligen US-Präsidenten George H. W. Bush, den 73. Hochzeitstag gefeiert. Damit waren sie länger verheiratet als jedes andere US-Präsidentenpaar. Gemeinsam hatten sie sechs Kinder. Und sie war eine von nur zwei First Ladys in der amerikanischen Geschichte, die zugleich Gattin des einen Präsidenten und Mutter eines anderen Präsidenten, George W. Bush, war. Der sagte jetzt über seine Mutter, dass sie die Ursache dafür gewesen sei, warum er die Ratschläge von Frauen mit einem starken Willen schätzt, die ihre eigene Meinung vertreten.

Geboren wurde Barbara Bush 1925 in New York in einem Krankenhaus, das von der Heilsarmee geleitet wurde. Der Vater war Verleger, zu ihren entfernten Vorfahren zählte der 14. US-Präsident, Franklin Pierce. Als Jugendliche trieb sie begeistert Sport, schwamm, spielte Tennis und fuhr Fahrrad. Außerdem las sie viel, Bücher wurden zu ihrer Leidenschaft, ein Leben lang. Das drückte sich später in der von ihr gegründeten Stiftung „Barbara Bush Foundation for Family Literacy“ aus. An mehr als 500 Veranstaltungen zur Förderung des Lesens in der Familie nahm sie teil. „Man soll mich sehen als Frau, als Mutter, als Großmutter“, schrieb sie 1988. „Denn das bin ich. Man soll mich aber auch als jemand sehen, der sehr, sehr hart für Bildungserfolge in Amerika gearbeitet hat.“

Zum Antrittsball ihres Mannes trug sie falsche Perlen und Schuhe für 29 Dollar

Unprätentiös, manchmal hart im Urteil, durchaus nachtragend, resolut – so gab sich die Frau mit dem schlohweißen Haar in der Öffentlichkeit. Zum Antrittsball ihres Mannes trug sie falsche Perlen und Schuhe für 29 Dollar. Die Überlebenden von Hurrikan „Katrina“ kanzelte sie angeblich als „ohnehin unterprivilegiert“ ab. Zur Frage, ob auch ihr zweitältester Sohn Jeb Präsident werden sollte, sagte Barbara Bush: Bloß nicht, „wir hatten schon genug Bushs im Weißen Haus“. Andere Familien müssten auch eine Chance haben.

Ähnlich offen urteilte sie während des vergangenen Präsidentschaftswahlkampfs auch über den Kandidaten der Republikaner, Donald Trump. Der schüre Hass und verachte Menschen. „Er hat schreckliche Dinge über Frauen gesagt, schreckliche Dinge über das amerikanische Militär. Ich verstehe nicht, warum es Menschen gibt, die ihn unterstützen.“

Am Dienstag starb Barbara Bush im Kreise ihrer Familie in ihrem Haus in Houston, Texas. Trump und dessen Frau Melania würdigten sie als eine Anwältin amerikanischer Familien. Man werde sich sehr lange an sie erinnern. Ex-Präsident Bill Clinton sprach von einer „bemerkenswerten Frau“, die ein „ehrliches, dynamisches und erfülltes Leben“ geführt habe.

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