Politik

Echo des Hasses

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Trumps Rhetorik fördert ein Klima der Gewalt. Warum er die trotzdem nicht ändern wird. Ein Kommentar.

Polizisten stehen vor der “Tree of Life”-Synagoge in Pittsburgh, in der ein Mann am Samstag elf Menschen erschossen hat.

Eine gruselige Woche geht in den USA zu Ende, und das hat nichts mit dem bevorstehenden Halloween zu tun. War bis zum Wochenbeginn das beherrschende Thema der Flüchtlingstreck aus Honduras, den der US-Präsident als von der Opposition unterstützten Angriff auf die Vereinigten Staaten aufbauschte, war es ab Montag die Serie von Briefbomben an prominente Trump-Gegner, die die Sicherheit des Landes bedrohten. Und zum Ende der Woche beschädigte der wohl schlimmste antisemitische Angriff in der US-Geschichte das Vertrauen der Juden in das Land.

Es war eine Woche voller Hass, und die drängende Frage ist, wie groß der Zusammenhang zwischen hasserfüllten Worten und tatsächlicher Gewalt ist. Eine Frage, der Donald Trump nicht ausweichen kann, auch wenn er das mit aller Macht versucht.

Der noch am Tatort in Pittsburgh festgenommene Schütze ist nach allem, was bisher bekannt ist, kein Anhänger von Trump, wie es der am Vortag verhaftete mutmaßliche Briefbombenattentäter aus Florida offenbar ist. Aber er ist ein weißer, rechtsradikaler Judenhasser, der im Internet auch gegen Muslime und Migranten hetzte und Verschwörungstheorien verbreitete. Er verehrte Trump nicht – er war von ihm enttäuscht. So schrieb er im Internet, er mache sich nichts aus Trump, weil dieser „ein Globalist ist, kein Nationalist“. Die USA könnten nicht wieder großartig gemacht werden, so lange es eine jüdische „Verseuchung“ gebe. Trumps Wahlkampfslogan ist „Make America Great Again“.

Trump hat keine unmittelbare Schuld – aber eine Verantwortung

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Trump im Wahlkampf vor den Kongresswahlen zunehmend gegen „Globalisten“ wettert, die nur das Wohl der Welt, aber nicht das ihres eigenen Staates im Sinn hätten, und sich bei einem Wahlkampfauftritt im texanischen Houston in der vergangenen Woche erstmals stolz einen „Nationalisten“ nannte. Die Hetze und die Taten des Pittsburgher Schützen klingen wie ein Echo auf diese Worte. Dennoch: Trump hat keine unmittelbare Schuld an diesem Verbrechen. Er gilt als großer Freund Israels und ist stolz auf seinen jüdischen Schwiegersohn Jared Kushner. Aber mit seinen rhetorischen Attacken wahlweise auf Medien, Opposition oder Flüchtlinge, von denen er einfach nicht lassen kann, schafft er ein Klima, in dem latent vorhandener Hass eskaliert.

Das müsse aufhören, fordern nun immer mehr Menschen in den USA. Aber es ist unwahrscheinlich, dass Trump auf diese Stimmen hören wird. Denn die spaltende Rhetorik ist aus seiner Sicht schlicht und einfach erfolgversprechend. Schon 2016 hat er mit dem Thema Angst erfolgreich die Präsidentschaftswahl gewonnen. Und da es bei den Kongresswahlen am 6. November letztlich auch um seine Politik und seine Aussichten auf eine Wiederwahl 2020 geht, wird er kaum einen Strategiewechsel vollziehen.

Wer die Trump-Jünger bei seinen Wahlkampfveranstaltungen beobachtet, wie sie sich unter seinem Kommando in Rage brüllen, sich mal hämisch, mal bedrohlich den „Fake News“-Journalisten zuwenden oder das Gefängnis für ungeliebte Demokratinnen wie Hillary Clinton fordern, kann nicht anders, als sich Sorgen machen, dass das nicht folgenlos bleibt. Worte haben Konsequenzen. Auch und gerade, wenn sie in der Hitze des Wahlkampfs gesprochen sind.

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