Politik

Olaf Scholz und die Macht der Bayern

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Widerstand kam vor allem von Markus Söder. Doch das Grundsteuermodell des Finanzministers hat die Gespräche mit den Ländern überlebt. Jedenfalls im Grundsatz.

Nur leicht gerupft: Olaf Scholz kann die Grundsteuerreform vorantreiben.

Olaf Scholz hat die Dinge gern im Griff. Er hat Erfahrung, war Partei- und Fraktionsmanager, dann Bundesminister, schließlich Erster Bürgermeister in Hamburg. In der Funktion hat er vor einigen Jahren als Hauptverhandler der Länder in den Gesprächen um einen neuen Finanzausgleich agiert. Sein Gegenüber damals war sein Vorgänger als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Zusammen mit ihm musste Scholz erleben, dass es Mächtigere gibt. Was die beiden ausbaldowert hatten, scheiterte am Nein aus dem Kanzleramt. Und hinter diesem Widerspruch von Angela Merkel stand wiederum der Nächstmächtige in der damaligen Regierungskonstellation, nämlich CSU-Chef Horst Seehofer.

Schäuble hat dann Ähnliches erlebt bei der Erbschaftsteuerreform. Sein Modell, an dem keiner vorbeikommen, das alle irgendwie binden sollte, stieß erst auf Seehofers Skepsis, die sich dann im Verein mit dem Unwillen der Unionsfraktion im Bundestag und den Unternehmerverbänden zu einem Sturm entwickelte, in dem der Vorschlag unterging.

Wie bei Schäuble?

Würde das Olaf Scholz nun bei seinem Versuch, Bund, Länder und Interessenverbände bei der Grundsteuerreform auf eine Linie zu bringen, auch passieren? Der Finanzminister und Vizekanzler hat das Vorhaben nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Mai übernommen, in dem die bisherige veraltete Bewertungsgrundlage nach Einheitswerten von 1964 (West) und 1935 (Ost) als grundgesetzwidrig eingestuft wurde.

Im November machte er einen Vorschlag, das Scholz-Modell: Er verband die Parameter Nettokaltmiete (bei selbst genutzten Immobilien nach einem fiktiven Wert gemäß der Statistik), Nutz- und Grundstücksfläche, Alter der Gebäude und den örtlichen Bodenrichtwert zur neuen Basis für die Steuererhebung. Und zwar in aller Regel im Einzelfall, mit möglichen Ausnahmen in Ballungsgebieten.


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Natürlich fanden alle Seiten etwas daran auszusetzen. Häufig war zu hören, es sei zu bürokratisch und zu umständlich. Die politischen Fronten waren dabei immer klar. Die meisten Länder, die SPD, Grüne und Linke und die Kommunalverbände bevorzugten ein stärker wertorientiertes Modell. Bayern, die Unionsfraktion im Bundestag, die FDP und die Immobilienverbände hängen am Flächenmodell.

Die Gründe sind vielfältig, jede Seite bezeichnet das eigene Modell als gerechter, ob nun für Eigentümer oder Mieter. Alle aber, Länder, Bundesregierung und Bundestag, wollten eine bundeseinheitliche Grundsteuer. Mit einer Ausnahme: die bayerische Staatsregierung liebäugelt damit, die Grundsteuer – die allein den Kommunen zufließt – in die Landesgesetzgebung zu bekommen. Das war auch bei der Erbschaftsteuer so.

Donner aus Bayern

Nun hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag gesagt, er werde ein eigenes Modell vorlegen, weil der Vorschlag von Scholz nicht nur zu bürokratisch sei, sondern auch die Grundsteuer – und über die Umlage auf die Betriebskosten auch die Mieten – in Metropolen mit hohen Immobilienwerten wie München nach oben treiben würde.

Das Argument kennt Scholz: Als Hamburger Bürgermeister hat er selbst noch ein Flächenmodell propagiert, ähnlich wie nun Söder. Dass der CSU-Chef selbst in die Debatte eingriff, hat für Irritationen gesorgt, bis hinein in die CDU, wie es heißt. Aber so war es auch bei der Erbschaftsteuer-Intervention Seehofers. Auch damals herrschte Zeitdruck (die Grundsteuer jetzt muss bis zum Jahresende neu geregelt sein). Und auch damals entfachte die Unternehmerlobby ein Bedenkenfeuerwerk wie in den vergangenen Tagen.

Am Freitag um 12 Uhr traf sich Scholz mit seinen Länderkollegen. „High noon“ im Bundesfinanzministerium sozusagen. Um 16 Uhr gab Scholz ein kurzes Statement ab. Im Grundsatz hat er sein Modell zwar durchbekommen. Aber die Länderkollegen haben es zurechtgestutzt. Vor allem ist es entbürokratisiert worden, indem statt der Einzelbewertung als Regelfall so weit wie möglich eine Pauschalisierung eingeführt wird – bei den Nettomieten, bei den Bodenrichtwerten, beim Gebäudealter. Und noch ist Scholz nicht ganz durch. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sprach von einem „sehr guten Zwischenergebnis“. Bis der endgültige Gesetzestext vorliegt, dürfte es weitere Debatten geben. Danach wohl erst recht.

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