Politik

Die Drohung mit dem No-Deal-Brexit ist ein Bluff

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Im Unterhaus setzten sich Abgeordnete durch, die bei den Brexit-Verhandlungen weiter mit einem No Deal drohen wollen. Das führt zu nichts. Ein Kommentar.

Die britische Premierministerin Theresa May in dieser Woche im Unterhaus.

Wenn es jemanden in der britischen Politik gibt, der alle Höhen und Tiefen der EU-Mitgliedschaft seines Landes durchlebt und durchlitten hat, dann ist das Kenneth Clarke. Der Konservative, der schon in der Ära von Margaret Thatcher Minister war, sähe es am liebsten, wenn Großbritannien in der EU bliebe. Aber inzwischen scheint er sich wie viele andere „Remainer“ damit abgefunden zu haben, dass der Brexit demnächst wohl tatsächlich kommen wird.

Nur wie soll der Brexit ablaufen? Kommt es zum harten Brexit, den eine Minderheit unter den Tories im Unterhaus geradezu herbeisehnt? Oder kann Premierministerin Theresa May ihr Zeitspiel bei den Verhandlungen mit den verbleibenden 27 EU-Staaten sogar noch bis zum kommenden Monat verlängern, um dem Unterhaus dann in letzter Minute eine Zustimmung zum EU-Austrittsvertrag abzupressen?

Auch die Unterhaus-Abstimmungen vom Donnerstag haben die Unklarheiten über den weiteren Ablauf des britischen EU-Ausstiegs nicht beseitigt. Weil die Tory-Hardliner der britischen Regierungschefin eine Abstimmungsniederlage bereiteten, steht May nun bei den weiteren Verhandlungen mit der EU geschwächt da. Die Brexiteers, die May am Donnerstag die Schlappe beibrachten, wollen die Premierministerin um jeden Preis darauf verpflichten, die Drohkulisse eines No-Deal-Szenarios weiter aufrecht zu erhalten.

Doch ob sich die EU davon beeindrucken lässt, darf bezweifelt werden. Bereits in den vergangenen zwei Wochen hat May ergebnislos versucht, Änderungen bei einem besonders umstrittenen Punkt des Austrittsvertrages zu erreichen – dem Backstop. Diese Notfall-Regelung sieht vor, dass Großbritannien in der Zollunion mit der EU bleibt, so lange es keine andere Lösung zur Vermeidung einer harten Grenze zwischen Irland und Nordirland gibt.

Die EU dürfte auch in den kommenden Wochen wie bisher am Backstop festhalten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass einige Tories die Illusion aufrechterhalten, dass Kanzlerin Angela Merkel am Ende schon ein Beidrehen der EU in der Backstop-Frage bewirken werde.

Stunde der Wahrheit könnte am 27. Februar kommen

Die Stunde der Wahrheit kommt für das Unterhaus voraussichtlich am 27. Februar, wenn möglicherweise die nächste Abstimmung über den Brexit ansteht. Denkbar ist, dass sich dann endlich im Parlament eine Koalition der Vernünftigen bildet, denen das wirtschaftliche Wohl ihres Landes wichtiger ist als parteipolitisches Klein-klein. In zwei Wochen könnte dann der Antrag der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper, der eine Verschiebung des Brexit-Datums vorsieht, eine Mehrheit erhalten.

Aber bis dahin werden auf allen Seiten erst einmal parteitaktische Spielchen weitergespielt. Angesichts der historischen Zäsur, die der Brexit darstellt, scheint im Londoner Regierungsbezirk immer noch nicht der nötige Ernst eingekehrt zu sein. In Großbritannien und im Unterhaus herrscht ein „fürchterliches Chaos“, wie der langjährige Tory-Politiker Clarke am Donnerstag im Parlament zu Recht beklagte. Immerhin, und dies wurde bei der Debatte im Unterhaus deutlich, gibt es unter den Abgeordneten eine große Mehrheit gegen einen ungeregelten Brexit. Je näher das Brexit-Datum am 29. März rückt, umso klarer wird, dass die britische Drohung mit einem No-Deal-Brexit ein Bluff ist.

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