Politik

Seine Botschaft lautet Hoffnung

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Beto O’Rourke ist in das Präsidentschaftsrennen der US-Demokraten eingestiegen. Nun muss er zeigen, ob er wieder ähnliche Begeisterung wie 2018 auslösen kann.

Beto O Rourke bei einem Auftritt in El Paso, Texas

Langsam wurde es Zeit. Nach vier Monaten, in denen Beto O’Rourke immer wieder öffentlich mit diesem Schritt geliebäugelt hatte, erklärte er nun am Donnerstag offiziell, dass er für die US-Demokraten als Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht. Und der Politiker aus der texanischen Grenzstadt El Paso tat das mal wieder auf typische Beto-Art: In einem im heimischen Wohnzimmer gedrehten Video, mit seiner Frau Amy auf der Couch sitzend, verkündete er seine Entscheidung mit großen Worten: „Dies ist ein entscheidender Moment für die Wahrheit – für unser Land und für jeden einzelnen von uns.“ Die Probleme der Wirtschaft, der Demokratie und des Klimas seien nie größer gewesen und würden Amerika entweder zerstören oder dessen Bestes zum Vorschein bringen. Denn: „Wir sind wahrhaft und mehr als jemals zuvor die letzte große Hoffnung auf Erden.“

Direkt davor hatte er seine Entscheidung einem heimischen Sender angekündigt und sich zudem, auch das typisch für ihn, der Zeitschrift „Vanity Fair“ für eine große Titelstory zur Verfügung gestellt, samt eindrücklicher Fotos der Fotografin Annie Leibovitz und dem eindeutigen Zitat: „Ich will dabei sein. Mann, ich bin geboren, um dabei zu sein.“ Beto O’Rourke ist auf einer Mission. Und die lautet: Hoffnung. Er wolle alles geben, um „dem Versprechen Amerikas gerecht zu werden“, sagte er in dem Video. Dazu werde er mit einer „positiven“ Kampagne „ein sehr gespaltenes Land“ wieder vereinen. Wie schon in seiner gescheiterten Kampagne für den texanischen Senatssitz im Herbst will der 46-Jährige der Versuchung widerstehen, sich in einen negativen Wahlkampf hineinziehen zu lassen – es ist kein Zufall, dass seine Botschaft stark an die des ehemaligen Präsidenten Barack Obama erinnert.

Der 46-Jährige begeistert vor allem die Jungen

Ob O’Rourke das gelingt, ist nicht nur angesichts des Amtsinhabers Donald Trump offen, der es liebt, zu spalten und über seine Gegner öffentlich herzuziehen. Auch die innerparteiliche Konkurrenz durch ein bereits mehr als ein Dutzend weiterer Präsidentschaftsanwärter umfassendes Feld ist enorm. Zunächst muss er sich daher in den Vorwahlen Anfang 2020 gegen Schwergewichte wie die Senatoren Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Kamala Harris durchsetzen. Ex-Vizepräsident Joe Biden dürfte ebenfalls noch in das Rennen einsteigen, auch er flirtet seit Monaten mit einer Kandidatur und hat gerade angekündigt, seine Entscheidung in den nächsten zwei, drei Wochen bekanntzugeben. Stand jetzt hat er trotz seines Alters, Biden ist 76, mit die besten Chancen, als Herausforderer von Trump nominiert zu werden.

Politischer Rockstar: Beto O’Rourke im texanischen Senatswahlkampf 2018.

Aber bereits mit der Ankündigung O’Rourkes hat sich das Rennen der Demokraten dramatisch verändert. In den vergangenen Wochen zogen eher linke Kandidaten wie Sanders und Warren mit ihren kapitalismuskritischen Botschaften die Aufmerksamkeit auf sich. Das wird sich nun ändern. Denn Beto O’Rourke hat sich schon einmal den Ruf eines politischen Rockstars erarbeitet. In seinem Senatswahlkampf, den er überraschend knapp gegen den erzkonservativen Senator Ted Cruz verlor, hat er jeden einzelnen Wahlbezirk in dem riesigen und traditionell eher konservativen Bundesstaat abgeklappert.

Dabei hat der schlacksige Texaner mit dem mexikanischen Vornamen, der spontan vom Englischen ins Spanische wechseln kann, durch seine lockeren Auftritte beispielsweise in einer „Cowboys Dancehall“ in San Antonio besonders junge Wähler und Hispanics begeistert. Im Internet ließ er seine Fans fast rund um die Uhr an seinem Leben und seiner Kampagne teilnehmen, und er sammelte vor allem über Kleinspenden die gigantische Summe von 80 Millionen Dollar ein. Auf Spenden von Lobbygruppen verzichtete er wie viele andere demokratische Kandidaten. Ähnlich will er es nun in seinem Präsidentschaftswahlkampf halten, den er am Donnerstag mit einer dreitägigen Tour durch Iowa begonnen hat, dem Staat, in dem die ersten Vorwahlen 2020 stattfinden.

Wie positioniert er sich in seiner Partei?

Spannend zu beobachten wird sein, wie er mit der derzeitigen Stimmung in seiner Partei umgeht, die von Jungstars wie der New Yorker Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez und deren linken Themen geprägt wird. In seiner Ankündigung am Donnerstag nannte er eines der Hauptanliegen des linken Parteiflügels als Priorität – den Klimaschutz. Auch bei Trumps Lieblingsthema, dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, scheut O’Rourke nicht vor einer klaren Haltung zurück: So forderte er bei einer Großveranstaltung in seiner Heimatstadt El Paso im Februar, die er zeitgleich zu einer Trump-Rallye abhielt, das „reichste und mächtigste Land der Welt“ solle lateinamerikanische Migranten nicht durch Mauern abwehren, sondern „mit offenen Armen willkommen heißen“. Bei anderen Fragen ist noch nicht ganz klar, wo sich der 46-Jährige positioniert.

O’Rourke gilt auch deswegen als Hoffnungsträger, weil er sich mit seinem Senatswahlkampf so rasend schnell landesweit bekannt machte. Seine politische Karriere begann er 2005, als Stadtrat von El Paso. Von 2012 bis 2018 war er ein eher unauffälliger Abgeordneter in Washington. Derzeit ist er ohne Mandat, was ihm manche als Schwäche auslegen, da ihm die nationale Bühne fehle. Aber die sucht der Texaner sich regelmäßig selber: Nach der Wahlniederlage im November etwa begab sich der Vater von drei Kindern auf einen wochenlangen Solo-Road-Trip durch westliche Bundesstaaten. Auch hier konnten ihn seine Fans im Internet natürlich live begleiten. Jetzt muss er zeigen, dass er wieder schnell Fahrt aufnehmen kann.

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