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Polizeichef spricht sich für Ermittlungen gegen Netanjahu aus

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Israels scheidender Polizeichef empfiehlt eine weitere Anklage gegen den Regierungschef Benjamin Netanjahu wegen Korruption.

Der scheidende Polizeichef Israels empfiehlt eine erneute Anklage gegen Benjamin Netanjahu und seine Frau Sara.

Es war der letzte Tag im Amt von Israels Polizeichef Roni Alsheich, und er nutzte ihn, um großes Aufsehen zu erregen: Premier Netanjahu soll nun auch in einem dritten Fall wegen Bestechung, Betrug und Untreue angeklagt werden – so empfiehlt es die israelische Polizei. Man habe bei den Ermittlungen ausreichende Beweise gefunden, um den Verdacht zu begründen. Ebenfalls empfohlen wird die Anklage gegen Netanjahus Ehefrau Sara, den Medienmogul Shaul Elovitch, dessen Frau Iris sowie gegen vier weitere Beteiligte.

Es geht in dem sogenannten Fall 4000 um einen Quidproquo-Deal zwischen Netanjahu und Elovitch: Der Regierungschef, der bis 2017 zusätzlich auch Kommunikationsminister war, soll sich dafür eingesetzt haben, dass das Telekommunikationsunternehmen Bezeq wirtschaftliche Vorteile erhält. Shaul Elovitch, der nicht nur größter Anteilseigner von Bezeq ist, sondern auch Eigentümer der Internetseite Walla und ein alter Freund Netanjahus, habe im Gegenzug dafür gesorgt, dass Walla, eines der größten Nachrichtenportale des Landes, positiver über die Netanjahus berichtet.

Nach Angaben der Polizei wurden Beweise gefunden, dass „Netanjahu und Vertraute von ihm zwischen 2012 und 2017 unverhohlen, fortwährend und manchmal sogar täglich in die von der Walla-Nachrichtenseite veröffentlichten Inhalte eingegriffen und versucht haben, auf die Ernennung hochrangiger Angestellter (Redakteure und Reporter) Einfluss zu nehmen, indem die Beziehungen zu Iris und Shaul Elovitch genutzt wurden.“

Bereits im Februar hatte der Geschäftsführer der Nachrichtenseite Walla der Polizei Aufnahmen vorgelegt, die belegten, wie Eigentümer Shaul Elovitch eine positive Berichterstattung über Netanjahu und dessen Familie forderte. Damals sagte auch der ehemalige Generaldirektor des Kommunikationsministeriums Shlomo Filber als Kronzeuge aus, Netanjahu habe ihn aufgefordert, Regulierungen durchzusetzen, die Bezeq zugutekommen.

Die Oppositionsführerin fordert Netanjahus Rücktritt

Nach der Veröffentlichung der Empfehlung am Sonntag reagierte Netanjahu umgehend auf seiner Facebook-Seite: Empfehlungen der Polizei hätten keinen rechtlichen Status. „Ich bin mir sicher, dass auch in diesem Fall die zuständigen Behörden, nachdem sie die Sache untersucht haben, zum gleichen Ergebnis kommen werden: dass es da nichts gab, weil es da nichts gibt.“ Ob es am Ende zu einer Anklage kommt oder nicht, muss Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit entscheiden – und das kann noch Monate dauern.

Außerdem schrieb Netanjahu, das „offensichtliche Timing“ der Veröffentlichung sei nicht überraschend – womit er auf den letzten Arbeitstag des Polizeipräsidenten anspielte. Roni Alsheich muss gehen, nachdem der Minister für Innere Sicherheit, Gilad Erdan, dessen Amtszeit nicht verlängerte: Netanjahu und seine Unterstützer haben dem Polizeichef vorgeworfen, die Ermittlungen gegen den Premier zu unterstützen.

Unterdessen wurden Forderungen nach Netanjahus Rücktritt laut. Oppositionsführerin Tzipi Livni schrieb auf Twitter: „Netanjahu muss gehen, bevor er die Strafverfolgungsbehörden zerstört, um seine Haut zu retten. Das jüdische Volk verdient eine saubere Führung. Wahlen jetzt!“

Bereits Anfang des Jahres hatte die Polizei in zwei weiteren Korruptionsfällen eine Anklage gegen den Premier empfohlen: Netanjahu soll im sogenannten Fall 1000 teure Geschenke angenommen und dafür unter anderem versucht haben, dem Hollywood-Produzenten Arnon Milchan Steuervorteile zu verschaffen. Im Fall 2000 wiederum geht es um eine Absprache mit Arnon Mozes, dem Herausgeber der großen Tageszeitung „Yedioth Ahronoth“: Wenn das Blatt positiver über Netanjahu berichte, wollte er im Gegenzug das Gratiskonkurrenzblatt „Israel Hayom“ im Zaum halten. Netanjahu, der seine Unschuld in allen drei Fällen beteuert, hatte bereits vor Monaten angekündigt, selbst im Falle einer Anklage nicht zurücktreten zu wollen.

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