Politik

Deutsche Befindlichkeit: Hype jagt Hype – vom Panikorchester begleitet

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Hauptsache, die Parteien haben am Wahltag die Angst auf ihrer Seite. Harald Martenstein macht da nicht mit. Eine Glosse.

Udo Lindenberg weiß, was bei Panik zu tun ist.

Natur, ein ewiges Werden und Vergehen. Lange Zeit gab es in Deutschland eine Partei, die „Zentrum“ hieß und Kanzler stellte, die ist ja nun auch verschwunden, im Bauch der CDU. Lange gab es zwei Großthemen, um die herum sich Volksparteien bildeten, sie hießen Wohlstand (dafür war eher die Union zuständig) und soziale Gerechtigkeit (eher das Ding der SPD). Natürlich vereinfache ich – das ist manchmal notwendig, um die großen Linien zu erkennen. Und natürlich sind beide Themen immer noch wichtig.

Aber die Großthemen der Gegenwart heißen wohl Ökokatastrophenangst und Angst vor den Schattenseiten der Globalisierung, etwa Identitätsverlust. Diese Ängste machen die Grünen und die AfD stark. Die erste Angst ist stärker bei Jüngeren, die zweite stärker bei Älteren verbreitet. Aber es gibt noch einen Faktor, der heute Wahlen entscheidet, mehr als je zuvor. Er heißt Hype, ein anderes Wort für Panikorchester.


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Die Bindungen an Parteien sind locker

Meine Eltern hätten immer SPD gewählt, egal, wie der Vorsitzende heißt. Heute wandern Wähler massenhaft von der Linken oder der SPD zur AfD oder von der CDU zu den Grünen. Morgen könnte es umgekehrt sein, die Bindungen sind locker. Nach einem spektakulären Terroranschlag oder bei stark wachsenden Migrationszahlen steigen die AfD-Aktien, bei einer Ökokatastrophe die Aktien der Grünen, eine Wirtschaftskrise könnte der CDU nützen, und dann gibt es ja auch noch das Wetter. Falls es wieder kühl wird, ist das gar nicht gut für die Grünen. Wer hat am Wahltag die Angst auf seiner Seite?

Vorbild? Deutsches Wesen?

Es tut mir wahnsinnig leid, aber ich kann im Panikorchester nicht mitspielen. Ob wir hier in Deutschland radikalen Klimaschutz durchsetzen, ist für die Zukunft des Klimas, dem Grenzen schnurz sind, ziemlich unwichtig. Wir sind nur für zwei Prozent der weltweiten CO2-Produktion zuständig. Ach so, wir wollen Vorbild für alle sein? Die Welt zeigte schon immer wenig Neigung, am deutschen Wesen zu genesen.

Vernünftig ist es, sich gut auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, das geht im nationalen Rahmen. Dies schließt langfristigen Klimaschutz nicht aus, aber zum Durchdrehen besteht kein Anlass, der Bau von Windrädern auf stillgelegten Autobahnen würde nichts bringen. Dass die Welt untergeht, ist unwahrscheinlich, denn das Klima schwankt, seit es sie gibt. Unsere Vorfahren haben schon etliche eisige und heiße Perioden überstanden. Der deutsche Klima-Hype ist für das Klima bedeutungslos, aber natürlich sehr wichtig für die Wahlen.

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