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Bayern sperrt sich bei Reform der Grundsteuer

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Nach dem Beschluss der Finanzminister, die Grundsteuerreform nochmals zu vereinfachen, wächst der Druck auf die CSU. Billiges Wohnen soll begünstigt werden.

Die Grundsteuer muss noch in diesem Jahr auf neue Grundlagen gestellt werden.

Die Reform der Grundsteuer rückt näher. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verständigte sich am Donnerstag mit seinen Länderkollegen darauf, auf der Basis des nun gefundenen Kompromisses nun einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Scholz sprach von einem „vernünftigen Ergebnis“.

Doch musste der Vizekanzler nochmals von seinen ursprünglichen Plänen abrücken. Schon Anfang Februar kam er den Ländern (und indirekt auch der Unions-Fraktion im Bundestag) entgegen, weil sich zu viel Kritik an seinem im November vorgelegten Vorschlag angesammelt hatte. Scholz hatte eine wertbasierte Grundsteuer angestrebt und dabei auf drei Wertkomponenten neben der Boden- und Gebäudefläche gesetzt: Bodenrichtwerte, Gebäudealter und Nettomieten. Das Scholz-Modell ging dabei von Einzelbewertungen für jedes Grundstück aus. Das aber erschien den Ländern als zu aufwändig und bürokratisch. Bayern und die Unionsfraktion im Bundestag drängten zudem darauf, statt eines Wertmodells eine reine Flächensteuer zu erheben. Dafür gibt es aber im Bundesrat keine Mehrheit, auch Unions-Länder peilen eine wertbasierte Grundsteuer an.

Anfang Februar vereinbarten die Finanzminister daher ein Eckpunktepapier, das statt einer Einzelfallbewertung stark von Pauschalierungen ausgeht. Zwar blieb es bei Bodenrichtwerten, Gebäudealter und Nettomieten. Doch wurde bei den Mieten vereinbart, statt tatsächlichen Mieten nur die regionalen Durchschnittsmieten nach dem Mikrozensus anzusetzen. Diese hatte Scholz zunächst nur für privat genutzte Immobilien verwendet, nun sollen diese Pauschalwerte für alle Grundsteuerbescheide zugrunde gelegt werden. Die im Eckpunktepapier vom 1. Februar noch vorgesehene Ansetzung tatsächlicher Nettomieten in Fällen, in denen diese Mieten unterhalb der Durchschnittsmieten liefen, wurde am Donnerstag gestrichen.

Vergünstigung für preisgünstiges Wohnen

Da das allerdings ungünstig ist für die Förderung preisgünstigen Wohnens, ein Ziel der großen Koalition im Bund, haben sich die Finanzminister auf eine Art Sozialklausel verständigt. Demnach soll es eine Grundsteuervergünstigung geben im Sozialen Wohnungsbau, für Wohnungsbaugesellschaften in öffentlicher Hand, für Genossenschaften und Wohnungsbauvereine und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften. Auch dies soll aber pauschal geschehen – über eine verringerte Steuermesszahl. Gerade in solchen Wohnungen liegen die Mieten oft unter dem örtlichen Marktdurchschnitt. Aus der SPD-Bundestagsfraktion hieß es, man begrüße “diese klare sozialdemokratische Handschrift des Reformkompromisses”.

Geblieben ist es dabei, das Gebäudealter bei der Bewertung zu berücksichtigen, wobei schon im Februar alle Immobilien, die vor 1948 errichtet wurden, pauschal behandelt werden sollen. Bei den Bodenrichtwerten bleibt es auch dabei, dass nicht die Einzelgrundstücke herangezogen werden, sondern die Grundsteuer sich künftig nach Bodenrichtwertzonen bemessen soll.

Söder will “Neuanfang” der Verhandlungen

Während Scholz von einem „großen Meilenstein“ sprach, kündigte der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) an, sein Land werde dem Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liege, nicht zustimmen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte gar einen grundsätzlichen Neuanfang bei den Verhandlungen. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Auf Länderebene scheint das Problem nicht lösbar. Daher werden wir die Koalitionskarte auf Bundesebene ziehen. Es muss eine Arbeitsgruppe der Koalition her, um eine Lösung zu finden.“ Es könnte etwa eine Möglichkeit länderspezifischer Regelungen geben.

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) gab sich allerdings weitaus offener und begrüßte den Kompromiss. Das ursprüngliche Scholz-Modell einer wertabhängigen Steuer sei deutlich entbürokratisiert worden. „Ich bin froh, dass es gelungen ist, den ursprünglich sehr bürokratischen Vorschlag des Bundes deutlich zu entschlacken. Er ist zwar immer noch komplexer als ein reines Flächenmodell, aber nähert sich diesem, was den Aufwand sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch die Verwaltung anbetrifft, deutlich an.“

Die Frage ist nun, ob die CSU ihren Widerstand über die Unions-Fraktion im Bundestag fortsetzt, in der auch führende CDU-Abgeordnete wie der Fraktionsvize Andreas Jung deutliche Vorbehalte gegen eine wertbasierte Steuer angemeldet hatten. Damit könnte die Reform auch zum Thema für die Koalitionsspitzen werden. In der Union gibt es Bedenken, weil manche dort in einer wertorientierten Steuer eine Vorstufe zur Wiedereinführung einer Vermögensteuer sehen. Zudem wird eine reine Flächensteuer als deutlich einfacher und unbürokratischer angesehen, auch wenn Grundstücke dann eben unabhängig vom tatsächlichen Wert, zu dem immer auch die Bebauung gehört, besteuert würden. Allerdings ist unklar, ob der Bund überhaupt der zuständige Gesetzgeber für eine Flächensteuer ist – und das nicht Ländersache wäre.

Grüne: CSU muss jetzt springen

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Kommunalexperte Stefan Schmidt forderte die CSU auf, ihren Widerstand zu beenden. Er sei froh, dass nun ein entscheidender Schritt zu einem guten Kompromiss gemacht worden sei. „Die CSU muss jetzt springen und darf nicht weiter eine Einigung bei dieser für die Kommunen so entscheidenden Einnahmenquelle boykottieren“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Grundsteuer fließt allein an die Kommunen und bringt ihnen derzeit etwa 14 Milliarden Euro im Jahr. „Die Zeit drängt. Es darf jetzt keine weiteren Blockaden geben.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Grundsteuer vor einem Jahr als verfassungswidrig eingestuft, weil sie auf völlig veralteten Werten basierte, und eine Neuregelung bis Ende 2019 gefordert. Grundlage für die Besteuerung waren bisher so genannten Einheitswerte aus den Jahren 1954 im Westen und 1935 im Osten. Diese Wertbasierung anhand veralteter Daten, die natürlich mittlerweile weitab der tatsächlichen Verkehrswerte liegen, und auch die unterschiedliche Behandlung nach West und Ost, verstößt nach Ansicht des Karlsruher Gerichts gegen das Gleichheits- und Gleichbehandlungsgebot in der Verfassung.

Die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne), die mit einem eigenen Pauschalierungsmodell zu der jetzt gefundenen Lösung beitrug, sagte dem Tagesspiegel: „Der heute erreichte Meilenstein kann nur ins Ziel führen, wenn es der Großen Koalition gelingt, die CSU mit an Bord zu holen.“ Sie verwies darauf, dass die Grundstruktur der Grundsteuerreform „noch einmal vereinfacht worden“ sei. In der Union wird das Flächenmodell gern auch mit dem Begriff „Einfachmodell“ versehen.

Auch laut Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) wurde eine Vereinfachung erreicht, „die die Tragfähigkeit eines Kompromisses wesentlich verbessert“. Sie betonte jedoch, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch viele Detailfragen geklärt werden müssten. Nach Ansicht des brandenburgischen Finanzministers Christian Görke (Linke) ist durch die Grundsteuerbegünstigung im Sozialen Wohnungsbau und für Genossenschaften die Befürchtung vom Tisch, „dass es durch die Reform, zu erheblichen Mieterhöhungen kommt“.

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“Sorry, Horst!”

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